Der Güterverkehr ist eine feste Säule der Weltwirtschaft, ohne ihn geht gar nichts, bleiben sinnbildlich alle Uhren stehen, verhungern die meisten. Dabei spielt das Nutzfahrzeug die zentrale Rolle. Früher waren es mit Pferden bespannte Fuhrwerke oder bepackte Esel, heute sind die Transportmittel motorisiert, natürlich ein vielfaches leistungsfähiger und schneller von A nach B unterwegs.
von Achim Stahn
Ähnlich zum Pkw-Sektor wandelt sich auch die Welt der Nutzfahrzeuge, wenngleich da noch viele Phantasien im Spiel sind, die ihre Alltagstauglichkeit erst noch unter Beweis stellen müssen.
Bei Bosch ist es natürlich nicht anderes, die Ingenieure machen sich Gedanken über die Zukunft in allen nur denkbaren Richtungen. Einiges ist noch nicht reif, andere Ideen bereits fix und fertig zur Nutzung.
Beides ist auf auf der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation vom 17. bis 22. September 2024 in Hannover auf dem dortigen Messegelände zu sehen.
Das Technologieunternehmen Bosch stellt dort seine Innovationen für Lkw-Hersteller, Spediteure und Logistiker in der Halle 19/20 auf den Ständen
A51 und B52 vor.
Vorab haben wir dazu schon alle Informationen erhalten, stellen sie hier kurz vor.
Effizienter und zuverlässiger
1. Elektrischer Antrieb
Für leichte wie schwere Nutzfahrzeuge fertigt Bosch wirtschaftliche und effiziente Elektrifizierungslösungen.
Die eAchse lässt sich leicht in Nutzfahrzeuge bis 7,5 Tonnen integrieren. So kommt der Verteilerverkehr auch in Zukunft in zugangsbeschränkte Bereiche wie City-Umweltzonen. Elektromotor und Inverter von Bosch kommen bereits in einem schweren, rein batterieelektrisch betriebenen Nutzfahrzeug zum Einsatz.
Hier ermöglichen 800-Volt-Betriebsspannung und Siliziumkarbid-Chips höhere Reichweiten sowie kürzere Ladezyklen für einen effizienten Warentransport auch auf der Langstrecke.
2. Brennstoffzelle
Diese Technologie eignet sich vor allem für längere Fahrstrecken und maximale Zuladung.
Bei Bosch in Serie ist bereits ein 200-Kilowatt-Brennstoffzellensystem.
Der nächste Schritt heißt „Fuel Cell Power Module Compact 300“: noch kompakter und mit mehr Leistung (300 Kilowatt) effizienter.
Neben solchen Komplettlösungen bietet Bosch auch einzelne Systemkomponenten und Submodule sowie Komponenten für Wasserstoff-Speichersysteme an.
3. Wasserstoffmotor
Diese weitere Option für den Warentransport soll zunächst in schweren Nutzfahrzeugen zum Einsatz kommen. Anfang 2024 hat die EU auch diese Antriebslösung als klimaneutral anerkannt.
Da sein Konzept aus etablierten Diesel- und Erdgasmotoren abgeleitet ist, können Motorenhersteller hier mehr als 90 Prozent bestehender Entwicklungs- und Fertigungstechnologien nutzen.
Bosch entwickelt für den Wasserstoffmotor die maßgeblichen Komponenten des Einspritzsystems, darunter einen neuen Injektor für die Direkteinblasung ohne zusätzliche Schmierung. Soll 2026 auf den Markt kommen.
Start der ersten mit Bosch-Saugrohreinblasung ausgestatteten Wasserstoffmotoren ist für 2025 geplant.
4. H2-Tanksystem
Zentrale Herausforderungen sind die sichere Speicherung von Wasserstoff unter Hochdruck und die kontrollierte Bereitstellung des leicht entzündlichen Gases.
Die Bosch-Tochter ITK Engineering unterstützt und berät Fahrzeughersteller im gesamten Entwicklungsprozess von der Konzeption bis zur zertifizierten Umsetzung.
5. Vernetzungslösungen
Auch mit digitalen Services von Bosch können Flottenbetreiber und Fahrzeughersteller die Effizienz ihrer Fahrzeuge weiter verbessern. Technische Basis ist hier der Automotive Connectivity Hub – eine nachrüstbare Konnektivitätslösung, die herstellerunabhängig den Zugriff auf die Betriebs- und Diagnosedaten eines Fahrzeugs erlaubt und damit vielfältige datenbasierte Services ermöglicht.
Auf Basis zentral gespeicherter Erfahrungswerte lässt sich mit dieser Hilfe die Geschwindigkeit bei Bedarf leicht anpassen um den Verbrauch um bis zu vier Prozent zu senken.
Vehicle Health wiederum erkennt sich anbahnende Probleme frühzeitig, schlägt Reaktionen vor, z.B. einen vorgezogenen Service.
Die Zahl überraschender Liegenbleiber lässt sich so wesentlich reduzieren, was die Planbarkeit für Betreiber deutlich verbessert.
Battery in the Cloud bietet für Elektrofahrzeuge eine Verbesserung der Leistung und Lebensdauer von Hochvolt-Batterien. Ein wichtiger Faktor für ein Plus an Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit.
Konstant werden die Akkus beobachtet und analysiert, Alterung und Fehler prädiziert, das Schnellladeverhalten für längere Haltbarkeit optimiert.
Digital Fuel Twin bietet sich für Flottenbetreiber an, die für ihre Bestandsflotte alternative Kraftstoffe wie HVO nutzen wollen.
Über diese Funktion lässt sich die Nutzung dieser und damit CO2-Einsparung nachweisen – komplett automatisiert und auditfähig zertifiziert.
Um den Zustand des Fahrzeugs oder der Flotte in Echtzeit zu überwachen, erkennt RideCare Insight mittels einer intelligenten Sensorbox potentielle Karosserieschäden, Rauchen im Fahrzeug sowie riskante Fahrmanöver in leichten Nutzfahrzeugen.
Innovative Lenksysteme
1. ServoE
Damit erweitert Bosch sein Angebot um ein vollelektrisches Lenksystem für schwere Nutzfahrzeuge. Das elektromechanische Lenksystem ermöglicht eine einfache und ölfreie Montage, die Power-on-Demand-Funktion ein umweltfreundliches Fahren.
Die Lenkung kann mit Blick auf Funktion und Lenkgefühl je nach Kundenanforderung individuell gestaltet werden.
2. Servotwin
Das elektrohydraulische Lenksystem für schwere Nutzfahrzeuge kombiniert eine hydraulische Servocom Lenkung mit skalierbaren elektrischen Servo-Einheiten und intelligenter Softwarearchitektur.
Damit lassen sich sowohl Lenkunterstützungs- und Fahrerassistenzfunktionen nach SAE-Level 2 (teilautomatisiertes Fahren) als auch Funktionen bis einschließlich SAE-Level 4 (autonomes Fahren) darstellen.
3. Hinterachslenksystem
Das elektrohydraulische Lenksystem für Hinterachsen ist ein eigenständiges so genanntes „Power-on-Demand“-System. Es ermöglicht die Lenkung von drei und mehr Vor- oder Nachlaufachsen von schweren Nutzfahrzeugen.
Durch die bei Bedarf zusätzlich gelenkten Achsen werden Wendekreis und Reifenverschleiß verringert. Dank kompakter Bauweise kann diese innovative Bosch-Technik an alle Antriebskonzepte angepasst werden. Die intelligente Softwarearchitektur schützt das Lenksystem auch vor Angriffen von außen.
4. Lenkwelle
Sie ist die Verbindung zwischen Lenkgetriebe und Lenksäule, kommt bei mittelschweren und schweren Nutzfahrzeugen sowie Bussen zum Einsatz.
Die beim Fahrbetrieb auftretenden Relativbewegungen zwischen Fahrerkabine und Chassis bleiben durch den Einbau der Bosch-Lenkwelle ohne Einfluss auf das Lenkverhalten.
Die Konstruktion überzeugt durch kompakte Bauweise und geringe Reibung.
5. EPSapa highload
Ob Fahrten auf Asphalt, Schotter oder unwegsamem Gelände – für die Highload-Variante der seit langem etablierten Elektrolenkung mit achsparalleler Servoeinheit (EPSapa highload) ist das kein Problem.
Anders als bisherige Varianten eignet sich dieser Lenkungstyp dank erhöhter Zahnstangenkraft und außergewöhnlicher Robustheit optimal für schwere SUVs, Transporter und geländetaugliche Pick-up-Trucks. Gerade für den nordamerikanischen Markt ein wichtiger Vorteil.
Rollende Mobilitätsplattform
Mit maßgeschneiderten Beratungs- und Engineering-Dienstleistungen begleitet Bosch Engineering Hersteller beim Übergang vom Hardware- zum Software-definierten Fahrzeug. Der Fokus liegt hier auf der Definition einer neuen Elektrik- und Elektronik-Architektur, um die Komplexität des Prozesses verringern und Integrationskosten senken zu können.
1. Cloud-basierte Diagnoselösung
Automobilhersteller und ihre Zulieferer stellen Vertragswerkstätten Servicelösungen für Reparaturen und Wartungen zur Verfügung, damit diese die Verfügbarkeit der Fahrzeuge und die Kundenzufriedenheit sicherstellen können.
Dies ist besonders wichtig bei neuen Technologien wie z.B. der Brennstoffzelle, für die erst nach und nach Erfahrungen in der Praxis gesammelt werden können.
ETAS hat eine Lösung, die die Diagnose- und Reparaturfähigkeit bereits während der Entwicklung berücksichtigt und somit vor Produktionsstart verfügbar ist.
So können Hersteller die Markteinführungszeit für Diagnose- und Reparaturkonzepte deutlich verkürzen, verfügen gleichzeitig über eine immer aktuelle Lösung dank Cloud-fähiger Plattform.
Die mobile Version ermöglicht die Diagnose direkt am Fahrzeug (in der Werkstatt oder auf der Straße).
2. Vernetzte Kartenservices
Mithilfe von Schwarmdaten aus vernetzten Fahrzeugen und Infrastrukturdaten liefern die Kartenservices von Bosch genaue und aktuelle Informationen über das Fahrumfeld. Hier profitiert die Funktion von der Summe der Informationen aller angebundenen Fahrzeuge, so können optimales Fahrtempo, exakte Spurgeometrien, Lokalisierungslandmarken und aktuelle Straßenbedingungen abgeleitet werden.
Basierend auf diesen Echtzeitinformationen ist das Fahrverhalten vorausschauend und sicher planbar, kann bei Bedarf angepasst werden.
3. Software-Plattform für Logistiker
Mit seiner digitalen Service-Plattform für die Logistik (L.OS) geht Bosch viele der Herausforderungen in der Transport- und Logistikbranche an.
Herzstück ist ein Marktplatz, der zentralen Zugriff auf digitale Lösungen verschiedener Anbieter rund um das Logistikgeschäft bietet. Sie ermöglicht auch die nahtlose Integration von bisher getrennten Services und Daten.
Konkretes Beispiel: Softwareanbieter wie Webfleet (Europas größtes Flottenmanagementsystem) arbeiten mit Bosch L.OS zusammen, um Flottenmanagern Mehrwertservices anzubieten. So können die neue und wertschöpfende Funktionen freischalten, ohne eigene kosten- und zeitintensive IT-Projekte durchzuführen.
Dazu arbeitet Bosch mit Amazon Web Services zusammen.
Im ersten Anwendungsfall wurde Bosch Secure Truck Parking (Buchungsplattform für sicheres Lkw-Parken in Europa No. 1) in das Webfleet Flottenmanagementsystem über Bosch L.OS integriert. So sind Parkplätze einfach zu finden und buchen, ohne die Anwendung verlassen zu müssen.
Der geringere Zeitaufwand bei der Parkplatzsuche
- reduziert auch die Kraftstoffkosten
- verhindert eine Überschreitung der Fahrzeiten.
4. Sichere Vernetzung und Kommunikation
Der Datenaustausch von Fahrzeugen mit Objekten im nahen Umfeld und der Verkehrsinfrastruktur ist die Voraussetzung für zahlreiche smarte Dienste, die das Fahren sicherer und effizienter machen.
Die Basis dafür bildet die Connectivity Control Unit für Nutzfahrzeuge von Bosch.
Sie verbindet das eigene Fahrzeug unter anderem über Funkschnittstellen mit der Cloud, der Infrastruktur und anderen Fahrzeugen.
5. Powernet Guardian
Der Powernet Guardian ist ein ganzheitliches Konzept für das Energiebordnetz.
Mit ihm werden unter anderem sicherheitsrelevante Funktionen im Nutzfahrzeug jederzeit mit Energie versorgt. Tritt ein Fehler auf, übernimmt der Powernet Guardian die Funktion eines elektronischen Trennschalters, mit dem das sicherheitsrelevante Bordnetz von den anderen Verbrauchern separiert wird.
Das schützt vor Unter- oder Überspannungen, vermeidet damit Fehlfunktion oder Funktionsreduzierung.
6. Komfortabler Fahrzeugzugang
Fleet Management Xtended Access ist ein digitales Fahrzeugzugangssystem, das dem Fahrer über einen digitalen Schlüssel auf dem Smartphone Zugang zum Fahrzeug und – je nach Variante – auch den Start des Motors ermöglicht. Hersteller können die Systemkomponenten entsprechend ihrer Bedürfnisse direkt in ihre Nutzfahrzeuge integrieren. Hersteller haben die Möglichkeit, ihre Fahrzeugflotte mit dem Fleet Management Xtended Access Kit nachzurüsten. Die flexible Kombination der Technologien Ultrabreitband, Bluetooth Low Energy und Nahfeldkommunikation ermöglicht den Herstellern einen sicheren und benutzerfreundlichen Zugang zu den Fahrzeugen und die skalierbare Einführung eines digitalen Fahrzeugzugangssystems, das ihre bestehenden Systeme ersetzen kann.
7. Truck-Cockpit-Technologien
Bosch bietet hier eine Plattform an zur Integration von z.B.:
- Instrumentierungen
- Infotainment-Anwendungen
- digitalem System statt konventionelle Seitenspiegel
Wie schon in Pkw erkennt das Driver Monitoring System im Nutzfahrzeug frühzeitig Müdigkeit und Ablenkung des Fahrers, warnt diesen.
8. Infotainment im Reisebus
Die Coach Infotainment-Serie von Bosch macht Infotainment der nächsten Generation für den professionellen Einsatz im Reisebus verfügbar. Perfekt aufeinander abgestimmte Komponenten ermöglichen ein neues Erlebnis beim Fahren und im Fahrgastraum. Filme genießen, im Internet surfen, fernsehen, Musik hören und Durchsagen deutlich vernehmen – all das ist nun möglich.
Das Umfeld mit Kameras im Blick
1. Smarte Augen
Die dritte Generation der Multifunktionskamera ist auf die Anforderungen in schweren Nutzfahrzeugen zugeschnitten. Sie verbindet klassische Bildverarbeitungsalgorithmen mit den Methoden künstlicher Intelligenz und spielt damit eine Schlüsselrolle für hochleistungsfähige Fahrerassistenzsysteme.
Sie erkennt und verarbeitet zuverlässig Objekte und Strukturen, nutzt innovative Technologie zur Bildverarbeitung. Die Kamera ist sowohl für sicherheitsrelevante als auch komfortsteigernde Fahrerassistenzsysteme (z.B. Spurhalteassistent) ausgelegt, unterstützt auch objektbasierte Funktionen (z.B. automatische Notbremsung).
Auch Verkehrszeichenerkennung ist möglich.
2. Präzise Objekterkennung
Front- und Seitenradar sorgen im schweren Nutzfahrzeugsegment für mehr Sicherheit dank zuverlässiger und präziser Objekterkennung im vorderen und seitlichen Fahrzeugumfeld.
Dank hoher Reichweite und Winkeltrennfähigkeit plus breitem Öffnungswinkel können komplexe Fahrsituationen unter Nutzung modernster Technologien sehr genau, schnell und sicher erkannt werden. Auch bei schlechten Sichtverhältnisse.
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